Ängste
Jeder Mensch hat Ängste, und das ist auch gut so. Denn sie sind für uns überlebenswichtig, weil wir dank unserer Angst Gefahren erkennen und uns davor schützen. Angst ist für sich genommen keine Krankheit, sondern eine natürliche Reaktion auf äußere Umstände. Angst kann aber auch krankhafte Ausmaße annehmen, wenn sie unbegründet, übertrieben oder sehr intensiv ist. Als Begleitsymptom kann Angst bei unterschiedlichen körperlichen oder psychiatrischen Erkrankungen auftreten. Davon lassen sich die sogenannten „Angststörungen“ abgrenzen, darunter versteht man unterschiedliche Erkrankungen, bei denen als gemeinsames Hauptsymptom Ängste und körperliche Zeichen der Angst im Vordergrund stehen.
Angststörungen sind nach Depressionen die zweithäufigste psychiatrische Erkrankung. Die Erscheinungsbilder sind sehr komplex, manche Ängste treten auch miteinander auf. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen:
Bei der Panikstörung treten unerwartet und ohne sichtbaren Anlass massive Angstgefühle mit intensiven körperlichen Symptomen (z.B. Herzrasen, Atemnot, Beklemmungsgefühle, Übelkeit, Schwindel) auf. Manchmal so extrem, dass die Betroffenen glauben, zu sterben. Häufig entwickelt sich eine starke Erwartungsangst , man spricht hierbei von der „Angst vor der Angst“. Deshalb kommt es zu Vermeidungsverhalten und nicht selten zu einem sozialen Rückzug. Wenn die einzelnen Panikattacken in bestimmten Situationen auftreten, zum Beispiel in einem geschlossenen oder überfüllten Raum, auf Plätzen mit Menschenansammlungen, Kaufhäusern oder in öffentlichen Verkehrsmitteln spricht man von einer Agoraphobie.
Bei spezifischen Phobien handelt es sich um unbegründete Ängste, die durch bestimmte Tiere (z.B. Spinnen), Gegenstände (Spritzen), oder in bestimmten Situationen (z.B. Fliegen) ausgelöst werden können. Bekannt sind schätzungsweise 250 spezifische Phobien, die mehr oder weniger stark beeinträchtigend sind. Die Symptome sind die der Panikstörung, also Herzrasen, Zittern, Übelkeit, Schwindel, Schweißausbrüche. Nicht jede Phobie ist behandlungsbedürftig. Beeinträchtigt sie jedoch den Alltag, z.B. wenn man aus Flugangst einen Beruf nicht ausüben kann, sollten Betroffene sich unbedingt professionelle Hilfe suchen.
Um eine Generalisierte Angststörung handelt es sich, wenn man sprichwörtlich krank vor Sorgen ist. Menschen die darunter leiden, sehen alltägliche Schwierigkeiten voller Angst. Betroffene sind angespannt, ihre Gedanken kreisen sorgenvoll um Angehörige, um Gesundheit, Finanzen oder Partnerschaft. Generalisierte Angststörungen können so stark werden, dass sie sich auf alle Bereiche des Lebens auswirken und kaum mehr Raum für gute Gefühle lassen. Anders als bei einer Panikstörung leiden die Menschen unter starken Muskelverspannungen, Schlafstörungen, Reizbarkeit, Herzbeschwerden, Magen- und Darmproblemen. Eine Generalisierte Angststörung tritt nicht selten mit einer Depression auf. Bei Frauen um die 50 Jahre, ist diese Angststörung eine der häufigsten Erkrankungen.
Die Soziale Phobie ist eine extreme Furcht vor einer Situation mit anderen Menschen. Betroffene ängstigen sich davor unangenehm aufzufallen, beobachtet oder kritisiert zu werden und wollen auf keinen Fall im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen. Das kann vor allem im Beruf zu enormen psychischen Problemen führen. Wer unter einer Sozialen Angst leidet, fürchtet sich davor, Vorträge zu halten, bei Besprechungen das Wort zu ergreifen oder in einer Gruppe initiativ zu werden. In diesen Situationen, oder allein beim Gedanken daran kommt es zu körperlichen Beschwerden wie Atemnot, Schwindel, Übelkeit, Magen-Darm-Problemen oder anderen angstspezifischen Erscheinungen kommen.
Eine Posttraumatische Belastungsstörung ist die Reaktion auf extreme Ereignisse wie Unfälle, Naturkatastrophen, Kriege, Gefangenschaft oder Missbrauch. Wird das traumatische Erlebnis nicht behandelt, können Betroffene jahrelang von den Erinnerungen verfolgt werden. Es kommt zu sogenannten Intrusionen (z.B. wiederkehrende Bilder des Ereignisses), Flashbacks (man erlebt sich wieder in der auslösenden Situation zurück), Albträumen, Vermeidungsverhalten, Gedächtnislücken, Schlafstörungen oder Panikattacken. Manchmal treten die Symptome erst Wochen, Monate oder Jahre nach dem traumatischen Erlebnis auf.
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Folgende körperliche Symptome treten in der angstauslösenden Situation verstärkt auf. Zum Beispiel:
- Atemnot
- Herzrasen
- Schwindel
- Zittern
- Übelkeit
- Sehschwäche
- Schweißausbrüche
- Enge in der Brust
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Bei Ängsten handelt es sich zum Teil um unser evolutionäres Erbe. Spezifische Phobien, wie die vor Schlangen oder Spinnen, waren ursprünglich überlebenswichtig, weil sie uns vor Gefahren warnten. Die körperlichen Reaktionen senden entsprechende Signale an unser Gehirn aus, die uns hochaufmerksam machen und uns auf Flucht oder Kampf vorbereiten. In den letzten Jahrzehnten konnte auch gezeigt, dass insbesondere biologische Faktoren eine große Bedeutung haben. Ebenso können genetische Faktoren eine Rolle spielen, in manchen Familien sind bestimmte Ängste extrem ausgeprägt. Häufig treten Ängste in Folge von negativen Erlebnissen, von Stress, Überforderung oder Lebenskrisen wie Trennung oder der Tod eines nahestehenden Menschen auf.
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Die meisten Ängste verschwinden leider nicht von selbst. Im Gegenteil, werden sie nicht behandelt, können sie sich verschlimmern und den gesamten Organismus und das Alltagsleben beeinflussen. Deshalb ist es so wichtig, eine Angststörung zu erkennen. Zunächst wird bei uns geklärt, ob eine körperliche oder eine andere psychiatrische Krankheit vorliegen. Wir führen folgende Untersuchungen durch:
- Anamnese
- Psychiatrische Untersuchung
- Körperliche und laborchemische Untersuchungen (z.B. Endokrinologie oder Hämatologie)
- Neuroradiologische Untersuchung des Kopfes mithilfe der Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT), sowie EEG
- Fragebögen und Tests
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Für die Therapie von Angsterkrankungen stehen sowohl psychotherapeutische als auch pharmakologische Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Idealerweise werden sie im Sinne eines multimodalen Behandlungskonzepts kombiniert. Wir unterstützen Sie dabei, mit Ängsten angemessen umzugehen und erarbeiten für unsere Patienten ein individuelles Therapieprogramm. Inhalte können sein:
- Kognitive Verhaltenstherapie
- Konfrontationstherapie
- Gruppentherapien
- Psychopharmakologische Therapie
- Andere medikamentöse Therapien
- Weitere Therapien (z.B. Sport- oder Ergotherapie)
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Als Universitätsklinikum sind wir auch an internationalen Forschungsprojekten beteiligt, an denen Betroffene teilnehmen können.
Unsere Schwerpunkte sind:
- Neurobiologische Prozesse bei Angsterkrankungen
- Experimentelle Therapieverfahren
- Therapeutische Neuromodulation
- Experimentelle Pharmakologie
- Psychotherapieforschung
Kontakt bei weiteren Fragen
Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Psychiatrische Ambulanz
80336 München