Allogene Knochentransplantation
Fremdes menschliches Knochengewebe (allogener Knochen) kann prinzipiell wie viele andere menschliche Organe transplantiert werden. Die Besonderheit liegt bei den Knochentransplantaten (die oft noch sehnige oder kapsuläre Ansatzstellen enthalten) darin, dass das Gewebe in der Regel tiefgefroren (-80°) und damit nicht mehr vital ist. Damit ergibt sich keine Notwendigkeit, Histokompatibilitäten, Blutgruppen etc. zu beachten. Auch die Transplantationszeiten sind unkritisch, das Gewebe lagert routinemäßig mehrere Monate. Letztlich muß das Transplantat nur in der Größe passen. Der Nachteil liegt darin, dass avitales Gewebe vom Körper auf die Dauer abgebaut wird. Fremdknochentransplantate sind damit anfangs zwar stabil wie eigener Knochen, wachsen aber nur an der direkten Kontaktstelle zum eigenen Knochen ein und werden im Laufe der Zeit schwächer. Zwingend ist so eine Verstärkung der Transplantate mit z.B. Platten, Nägeln, Prothesen, eigenen (autologen) Knochentransplantaten oder Knochenzement erforderlich. Langfristig kommt es allerdings trotzdem häufig zu Brüchen (Frakturen) der Transplantate.
Der Vorteil eines Allografts liegt im Vorhandensein von Restsehnen oder Kapselgewebe, an dem sich körpereigene Sehnen ansetzen lassen. Die zu erwartende Funktion eines solchen Transplantates kann u.U. damit einer Prothese überlegen sein. Generell werden Allografts auch zum Gelenkersatz verwandt, da die Knorpeloberfläche des Spenderknochens mit transplantiert werden kann. Langfristig ist jedoch aufgrund der Natur des Abbaus des ja ebenfalls avitalen Knorpels eine Arthrose wahrscheinlich. Trotzdem sind Allografts eine Alternative zu modernen Tumorprothesen. In einigen Ländern und Institutionen werden Allografts routinemässig verwandt. Klare Vorteile sind jedoch nicht belegt. In Deutschland sind große Knochenbanken mit jederzeit abrufbaren Transplantaten unterschiedlicher Größe auch aus Gründen des Gewebetransplantationsgesetzes nicht verfügbar. Der logistische Aufwand zum Betrieb einer solchen Allograftbank ist sehr hoch. Moderne modulare Tumorprothesen sind letztlich eine mindestens gleichwertige Alternative. Für spezielle Indikationen kann es sich jedoch lohnen ein Allograft einzusetzen. Eine zusätzlich vorhandene Alternative ist die Wiederverwendung des resezierten Knochens nach Strahlensterilisation (Knochenreplantation).
Fallbeispiel:
52-jähriger Maurer, Schmerzen im rechtem Knie seit längere Zeit. Im Röntgen und MRT Tumorläsion im Schienbeinkopf (prox. Tibia), begrenzt auf die innere Schienbeinkopfhälfte. Die Biopsie zeigt ein Chondrosarkom G2, Metastasen finden sich nicht.
Welche Alternativen bestehen?
Der Tumor muß operativ vollständig im Gesunden entfernt werden. Damit ist in jedem Fall die Entfernung der inneren Kniegelenkshälfte auf der Schienbeinseite notwendig. Eine Gelenkversteifung ist bei diesem Befund keine sinnvolle Option. Die an den meisten Zentren übliche Art der Rekonstruktion wäre die Resektion des gesamten Schienbeinkopfes und die Implantation einer Tumorprothese (prox. Tibia). In diesem Fall würde dies allerdings die Mitnahme des äußeren, nicht betroffenen, Kniegelenksanteiles bedeuten. Eine Maßnahme die man vertreten kann, da moderne Tumorprothesen vergleichsweise langfristig solide Ergebnisse zeigen, trotzdem gibt es eine Alternative.
Der innere Gelenkabschnitt wurde reseziert ein "halbes" Tibiakopftransplantat implantiert und mit einer Platte gesichert.
Auf den Röntgenbildern erkennbar sind zwei Entwicklungen.
Zum einen ist der eigene Knochen perfekt mit dem Allograft verwachsen, die anfänglich sehr scharfe Trennungslinie verwischt. Zum anderen wird das Transplantat immer dichter, es "ebonisiert". Dies ist ein klares Zeichen für seine Avitalität. Zusätzlich zeigt sich eine Arthrose, der mediale Gelenkspalt ist deutlich verschmälert. Trotzdem ist der Patient ausgesprochen zufrieden und nicht eingeschränkt.
Auch im Jahre 2011, 12 Jahre postoperativ, war er tumor- und weitestgehend schmerzfrei bei voller Beweglichkeit. Langfristig könnte die Erfrodernis einer Kniegelenksprothese bestehen, in jedem Fall ein günstigeres Ergebnis als mit einer konventionellen Tumorprothese.