Tumorendoprothetik
Generell können heute mehr als 90% aller Patienten mit Knochen- und Weichteilsarkomen extremitätenerhaltend operiert werden. Ein wesentlicher Grund ist die Entwicklung moderner Tumorprothesensysteme. Tumorprothesen erlauben die rasche Wiederherstellung der Gelenkfunktion und sichern damit die Lebensqualität. Nachteil ist bei den primären Knochentumoren, aufgrund des meist kurativen Ansatzes, eine hohe Anforderung an die Dauerfestigkeit und Beständigkeit des Prothesenmaterials. Bei einer modularen Tumorprothese wird der gelenktragende Teil von dem Teil der Prothese unterschieden, mit dem der Defekt überbrückt wird und jenem Anteil, der Schaft, mit dem die Verankerung im Knochen erfolgt. Jeder Teil kann für sich bei Versagen oder Verschleiß gewechselt werden. Die Modularität von Tumorprothesensystemen nach dem Baukastenprinzip hat wesentlich zur Vereinfachung und Standardisierung der Prothesen und des operativen Vorgehens beigetragen.
Tumorprothesen können wie normale Prothesen zementiert oder zementfrei in den Knochen eingepaßt werden. Die Anatomie, das Alter des Patienten und die Prognose sind dabei wesentliche Entscheidungsfaktoren. Muskel- und Sehnenasätze lassen sich entweder durch Fixation in den umliegenden Weichteilen oder z.B. durch das Überziehen eines Kunststoffschlauches („Anbindungsschlauches“) an die Prothese fixieren. Zu den Komplikationen zählen generell die Infektion, das Materialversagen und Implantatlockerungen.
Modernes modulares Tumorprothesensystem (MUTARS® ). Die großen Gelenke (Hüfte, Knie, Schulter, Ellenbogen) lassen sich damit standardisiert und ohne Notwendigkeit der individuellen Anfertigung, die immer Zeit erfordert, ersetzen (Mit freundlicher Genehmigung, Fa. Implantcast, Buxtehude).
TV-München Reportage mit Vorstellung eines Patienten mit tumorendoprothetishen Ersatz des distalen (unteren) Femurs (Oberschenkelknochens) und damit einer Tumorprothese des Kniegelenkes. Wir bedanken uns noch einmal ganz herzlichen bei unserem Patienten und bei TV München für die Zurverfügungstellung!
Die problematischste Komplikation ist der Infekt, da mit den Tumor Weichgewebe entfernt werden muß und die großen metallischen Implantate damit vermehrt anfällig für Keimanhaftungen werden. Plastische Maßnahmen (z.B. die Gastrocnemiusplastik am Kniegelenk) haben hier wesentliche Verbesserungen gebracht. Auch die in den letzten Jahren zunehmend erfolgende Silberbeschichtung der Prothesen wirkt einer Keimanhaftung entgegen. Langfristig ist die Lockerung einer Prothese immer zu befürchten. Wechseloperationen sind in der Regel aber gut möglich. Da viele Prothesen aber bei sehr jungen Patienten eingebaut werden, deren Tumorerkrankung zunehmend geheilt wurde, sind im Laufe des Lebens unter Umständen mehrfache Wechsel notwendig. Die große Problematik der Tumorprothesen wird sich erst im späteren Leben zeigen.
Generell sind biologische Verfahren bei einer Möglichkeit des Gelenkerhaltes deshalb vorzuziehen. Sie erfordern zwar anfänglich lange Entlastungszeiten oder Revisionsoperationen, sind dann jedoch langfristig stabil. Tumorprothesen sind anfänglich rasch belastbar und zeigen oft eine exzellente Funktion, sind langfristig jedoch problematsich. Langfristige Probleme des Metallriebs (z.B. Kobalt) sind noch wenig wissenschasftlich untersucht.
Ein spezielles Problem ist die Implantation von Tumorprothesenen bei Kindern. Grundsätzlich ist hier die Verwendung von Prothesen möglich, die über spezielle Verlängerungssysteme „mitwachsen“ können (Siehe gesonderter Menüpunkt). Die Tumorprothetik stellt ungleich höhere Anforderungen an der Operateur als die konventionelle Endoprothetik, da sowohl der Tumor entfernt, die eher komplexe Prothese implantiert und zusätzlich eine ausreichende Weichteildeckung geschaffen werden muß.
Metallionen im Serum nach Tumorendoprothetik erhöht
In den letzten Jahren gibt es zunehmende Berichte über eine erhöhte Metallionenkonzentration, vor allem von Kobalt und Chrom im Serum von Patienten mit implantierten Tumorprothesen. In einer eigenen Studie sind wir dem einmal nachgegangen und haben erstmals an einer relevanten Anzahl von Patienten dieses bestätigen können. Welche Konsequenzen sich daraus ergeben, bleibt noch unklar. Hier sind wir auf weitere wissenschaftliche Untersuchungen angewiesen.