AG Experimentelle Herz- und Lungentransplantation
Wissenschaftlicher Hintergrund
Die Lungentransplantation ist die letzte und einzige Therapieoption für Patienten mit terminaler Lungeninsuffizienz. Eine erfolgreiche Transplantation sichert das Überleben der Patienten und verbessert langfristig die Lebensqualität. Die Abstoßungsreaktion limitiert dabei den Operationserfolg. Der Vorgang einer allogenen Transplantation initiiert eine Kaskade molekularer und zellulärer Ereignisse, die ohne Immunsuppression letztlich zur Abstoßungsreaktion führen würden. Laut aktuellen Daten aus dem Register der internationalen Gesellschaft für Herz und Lungentransplantation (ISHLT) entwickeln 30 % der lungentransplantierten Patienten eine akute Abstoßungsreaktion während des ersten postoperativen Jahres. Während der ersten fünf Jahre nach der Transplantation entwickelt jeder zweite Patient eine chronische Lungen-Allotransplantat-Dysfunktion (CLAD), klinisch manifest als Bronchiolitis obliterans-Syndrom (BOS). Die Mortalität der Lungenempfänger während der ersten fünf Jahre ist zu 30 % auf die zu Grunde liegende Abstoßungsreaktion zurück zu führen. Aus diesen Gründen repräsentiert die akute und chronische Abstoßungsreaktion den wichtigsten Limitierungsfaktor für eine gute Langzeitprognose der Patienten.
Die aktuell verfügbaren immunsuppressiven Medikamente sind sehr effektiv in der Inhibierung der T-Zell- Proliferation, allerdings weisen die meisten Medikamente ein breites Spektrum an Nebenwirkungen auf, inklusive der Entwicklung von Niereninsuffizienz, Infektionen, metabolischen Störungen und maligne Erkrankungen. Zudem kann die chronische Abstoßung nicht suffizient verhindert werden. In Zeiten des kritischen Spenderorganmangels erscheint es aber besonders wichtig, die Versorgung der transplantierten Patienten zu optimieren und allen voran die Abstoßungsraten zu minimieren. Die wissenschaftlichen Ansätze zur Entwicklung neuer Abstoßungstherapien sind daher von hoher Relevanz.
Labor und Kooperationspartner
Die Zusammenarbeit mit unseren Partnern aus dem Helmholtz Zentrum München sowie dem Comprehensive Pneumology Center (CPC) bietet eine optimale Plattform für die Bearbeitung verschiedener experimenteller Projekte. So wurde zum einen bereits ein Mausmodell von CLAD in der orthotopen Lungentransplantation etabliert und wird aktuell für diverse Fragestellungen aktiv verwendet. Zum anderen steht uns im Helmholtz Zentrum München die ganze apparative und Material-Ausstattung sowie die breite Expertise auf dem Ferroptose-Forschungsgebiet zur Verfügung. Klinisch können wir auf eine langjährige Erfahrung in der Betreuung lungentransplantierter Patienten zurückgreifen, denn mit über hundert Lungentransplantationen pro Jahr gehört unsere Klinik zu den größten Lungentransplantationszentren Europas.
Aktuelle Projekte
1. Das lymphatische Endothel als Ziel der Immunomodulation in der Lungentransplantation
Eine mögliche Alternative zur klassischen Immunsuppression stellt das therapeutische Targeting des lymphatischen Endothels dar, das an der primären Initiierung der Immunantwort direkt beteiligt ist. Dieser Ansatz ist bereits in der experimentellen Herztransplantation erfolgreich erprobt worden. Das Ziel dieses Projektes ist es, im ersten Schritt die Biologie und die Rolle des lymphatischen Endothels in transplantierten Lungen zu analysieren, sowie im zweiten Schritt die Möglichkeiten der pharmakologischen Einwirkung auf das lymphatische Endothel als Konzept der alternativen Abstoßungstherapie in der experimentellen Lungentransplantation zu untersuchen.
2. Ferroptose als therapeutisches Ziel in der Lungentransplantation
Aktuelle Studien demonstrieren einen potentiellen Zusammenhang zwischen einer neubeschriebenen Art des Zelltodes namens Ferroptose und Transplantationsassoziierter Organschädigung. Ferroptose ist ein Caspase-unabhängiger Zelltod, der hauptsächlich durch Eisenakkumulation, Lipidperoxidation und die Überexpression bestimmter Gene gekennzeichnet ist. Alle soweit publizierten Daten weisen darauf hin, dass Ferroptose ein frühes Zelltod-Ereignis nach Organtransplantation darstellt. Da der Ischämie-Reperfusionsschaden ein Hauptrisikofaktor der CLAD-Entwicklung ist, vermuten wir, dass die Verhinderung von Ferroptose einen positiven Effekt auf die Entwicklung der chronischen Abstoßungsreaktion haben könnte. Die bis dato fehlenden Daten zur Assoziation von Ferroptose und zur Entwicklung chronischer Abstoßungsreaktion nach Lungentransplantation sollen experimentell erhoben werden.
3. Xeno-Lungentransplantation
Das Hauptproblem der thorakalen Organtransplantation besteht im Mangel an passenden Spenderorganen und dem damit verbundenen Tod auf der Warteliste von potentiellen Empfängern. Die Transplantation genetisch modifizierter Schweinelungen könnte in Zukunft eine Lösung dieses Problems darstellen. Unsere Gruppe versucht, die immunologischen und inflammatorischen Reaktionen bei der xenogenen Lungentransplantation besser zu verstehen und unterdrücken zu können.
4. Ex-vivo Herzperfusion
Die Qualität der Spenderherzen wird unter anderen von der Dauer der Ischämiezeit, also der Zeit ohne Blutversorgung, beeinflusst. Die Anwendung einer extrakorporalen Maschinenperfusion für die kontinuierliche Durchblutung der Spenderorgane während des Transports wird bereits in mehreren Ländern routinemäßig durchgeführt. Unsere Arbeitsgruppe war und ist weiterhin maßgeblich daran beteiligt, dieses Verfahren in Deutschland zu etablieren (Hypothermic oxygenated perfusion of the donor heart in heart transplantation: the short-term outcome from a randomised, controlled, open-label, multicentre clinical trial - The Lancet).