Wissenschaftliches Symposium:Psychische Gesundheit und Krankheit bei Kindern und Jugendlichen
Wissenschaftliches Symposium 22.06.24 - Wertvolle Impulse für die Praxis!
Unser diesjähriges wissenschaftliches Symposium umfasste ein breites Themenspektrum aus den Bereichen Prävention und Behandlung bei psychischen Belastungen und Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter.
Führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus ganz Deutschland und der Schweiz referierten in ihren Vorträgen zu neuesten Forschungsergebnissen und innovativen Ansätzen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und -Psychotherapie. Die ganztägige Veranstaltung im voll besetzten Friedrich-von-Gärtner Saal bot eine einzigartige Plattform für den interdisziplinären Austausch, förderte die Zusammenarbeit und inspirierte die Teilnehmenden zu neuen Initiativen in der Praxis.
Da nach dem Symposium vor dem Symposium ist, dürfen wir schon jetzt gespannt sein auf das Motto und die Vorträge 2025!
Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne
Prof. Dr. Elena von Wirth: Psychotherpie für Kinder und Jugendliche: Was wirkt für wen?
Prof. Dr. Michael Frey: Therapeutisches Drugmonitoring in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Antidepressiva
Prof. Dr. Michael Kaess: Suizidprävention in verschiedenen Settings und über die Setting-Grenzen hinweg
Prof. Dr. Matthias Klosinski: Interkulturelle Kompetenz in der Kinder- und Jugendpsychiatrie
Programm
Ab 08:30 Registrierung
mit Kaffee und Brezen
09:30 Begrüßung
Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne
09:40 - 10:30 Im Rausch des Gleichtakts: Der Einfluss von Synchronizität auf die Entwicklung von Bindung und psychische Gesundheit in Eltern-Kind Dyaden
Lehrstuhl für klinische Neuropsychologie, RWTH Aachen
Abstract zum Vortrag:
Unter biobehavioraler Synchronizität verstehen wir die dynamische, reziproke Anpassung von Verhalten, Hormonen und physiologischer Aktivität, die eine bessere Anpassung innerhalb von Eltern-Kind-Dyaden und sozialen Gruppen ermöglicht.
Sie stellt die Grundlage für die Entwicklung von Bindung dar und fördert ein soziales Zusammengehörigkeitsgefühl, prosoziales Verhalten, Empathie und Emotionsregulation.
Auch in der therapeutischen Beziehung spielt die biobehaviorale Synchronizität eine wichtige Rolle für den Therapieerfolg. Mit Hilfe von neuen Techniken, wie z.B. simultaner Ableitung von physiologischen Signalen des Autonomen Nervensystems und des Gehirns in realen Interaktionssituationen (sog. Hyperscanning) und innovativen Auswertemethoden, können wir diesem ‚Gleichtakt‘ heute besser auf die Spur kommen.
Im Vortrag steht nach einer kurzen Einführung die Bedeutung von Synchronizität im Kontext der Entwicklung von Psychopathologie im Mittelpunkt. Ferner wird auf den Zusammenhang von Synchronizität und Resilienz eingegangen und die Bedeutung für die transgenerationale Weitergabe von Psychopathologie diskutiert. Möglichkeiten für verschiedene potentielle therapeutische Anwendungen werden abschließend diskutiert.
10:30 - 11:20 Psychotherapie für Kinder und Jugendliche: Was wirkt für wen?
Professur für Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters, Universität Trier
Abstract zum Vortrag:
Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) gilt als evidenzbasiertes Psychotherapieverfahren für die meisten Störungsbilder im Kindes- und Jugendalter. Zahlreiche randomisiert-kontrollierte Studien (RCTs) zeigten, dass eine KVT die Symptomatik betroffener Kinder und Jugendliche signifikant reduzieren kann.
Es besteht jedoch trotz der guten Evidenzlage weiterhin ein hoher Forschungsbedarf. Untersuchungen berichten oft eine hohe Rate an Therapieabbrüchen (ca. 20%) sowie eine hohe Anzahl an Kindern, die auch nach einer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung weiterhin klinisch auffälliges Verhalten zeigen. Wichtige Fragestellungen für die zukünftige Psychotherapieforschung sind daher: 1) Für wen und unter welchen Bedingungen ist eine KVT wirksam? und 2) Wie können Therapieverläufe günstig beeinflusst werden?
Der Vortrag gibt einen Überblick zur bisherigen Forschung zur differentiellen Wirksamkeit von KVT bei Kindern und Jugendliche und stellt ausgewählte Studien exemplarisch dar. Dabei werden methodische Probleme von klassischen RCTs in der Psychotherapieforschung thematisiert und alternative Studiendesigns dargestellt.
11:20 - 11:50 Pause
11:50 - 12:40 (Cyber-) Mobbing im Kindes-/Jugendalter: Entstehungsbedingungen und Möglichkeiten der Prävention und Intervention in der Schule
Professor für Entwicklungspsychologie und Klinische Psychologie, Freie Universität Berlin
Abstract zum Vortrag:
Der Umgang mit und die Prävention von Mobbing und Cybermobbing in der Schule sind hoch-relevante Themen: (Cyber-)Mobbing geht mit zum Teil erheblichen psychischen Folgen für die Gemobbten - aber auch für die Kinder und Jugendlichen, die andere mobben - einher. Bei verschiedenen Störungen im Kindes- und Jugendalter (z.B. Angststörungen, Depression, Schulmüdigkeit, psychosomatische Beschwerden) kann (Cyber-)Mobbing eine bedeutsame Rolle spielen, dennoch liegen bisher nur wenige evidenzbasierte Verfahren zur Therapie mit direktem Bezug zum (Cyber-)Mobbing sowie nur wenige evidenzbasierte Schulinterventionen vor. Im Vortrag werden ausgewählte Befunde zum Phänomen (Cyber-)Mobbing, den Ausdrucksformen, Folgen, sowie Entstehungsbedingungen erläutert und Möglichkeiten der evidenzbasierten, schulischen Prävention (z.B. Fairplayer.Manual, Medienhelden) sowie Möglichkeiten der Intervention vorgestellt.
12:40 - 13:20 Mittagspause
13:20 - 14:10 Therapeutisches Drugmonitoring in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Antidepressiva
Professor für Biopsychosoziale Medizin Technische Hochschule Deggendorf
Abstract zum Vortrag:
Therapeutisches Drugmonitoring in der Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit Antidepressiva
Antidepressiva werden bei Kindern und Jugendlichen häufig verschrieben und das Streben nach einem optimalen Nutzen-Risiko-Verhältnis ist in der Behandlung von entscheidender Bedeutung. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, welchen Beitrag das Therapeutische Drug-Monitoring (TDM) leisten kann? TDM zielt auf eine individuelle Anpassung der Arzneimitteldosis durch die Messung von Medikamentenspiegeln im Blut ab, um eine optimale Wirksamkeit zu erzielen und Nebenwirkungen zu minimieren. Insbesondere die Festlegung von Referenzwerten für Serumspiegel bei Kindern und Jugendlichen ist ein wichtiges Ziel dieses Ansatzes. Die Ergebnisse der TDM-VIGIL-Studie, einer umfangreichen naturalistischen, prospektiven und multizentrischen klinischen Beobachtungsstudie, liefern hierbei für einige der am häufigsten verordneten Substanzen wertvolle Erkenntnisse.
14:10 - 15:00 Suizidprävention in verschiedenen Settings und über die Setting-Grenzen hinweg
Ordinarius und Direktor, Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Universitäre psychiatrische Dienste Bern
Abstract zum Vortrag:
Empirische Studien der letzten Jahre belegen, dass sowohl suizidales Verhalten bei jungen Menschen in der Allgemeinbevölkerung zunimmt als auch mehr junge Menschen wegen Suizidalität in der Kinder- und Jugendpsychiatrie Hilfe suchen. Der Aufbau sowie die Erweiterung von spezifischen Prävention- und Versorgungsangeboten für suizidale Jugendliche sind daher von immenser Bedeutung.
Der Vortrag gibt zunächst einen kurzen Überblick über die Epidemiologie sowie über Faktoren zur Entstehung und Aufrechterhaltung von suizidalem Verhalten. Im weiteren Verlauf werden wesentliche Ergebnisse aus der Forschung zur Suizidprävention präsentiert, die wesentlich die Konzeption des Zentrums für Suizidprävention Bern geprägt haben. Ein besonderer Fokus dieses Zentrums ist die Suizidprävention in unterschiedlichen Settings (z.B. Schule, Internet, Heimsetting, Ambulanzen, Stationen) und über die Settinggrenzen hinweg.
Im letzten Teil des Vortrags werden Struktur, Angebote und Forschungsprojekte des Zentrums selbst kurz dargestellt.
15:00 - 15:50 Interkulturelle Kompetenz in der Kinder- und Jugendpsychiatrie
Professur für Psychische Gesundheit Katholische Stiftungshochschule München
Abstract zum Vortrag:
Mehr als jedes dritte Kind hat laut statistischem Bundesamt Migrationshintergrund. Immer häufiger wird daher der Ruf nach interkultureller Kompetenz als Schlüsselqualifikation für Fachkräfte laut. Die Thematik findet jedoch in vielen Curricula wenig Beachtung. Der Beitrag versucht zu skizzieren, welche Herausforderungen und Ansatzpunkte dies für die Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie mit sich bringt.
Ausgehend von einer kurzen Darstellung und kritischen Reflexion des Konstrukts der interkulturellen Kompetenz wird ausgeführt, was dies für eine professionelle kinder- und jugendpsychiatrische Diagnostik, Beratung und Behandlung von Kindern, Jugendlichen und deren Familien aus anderen Kulturen in Theorie und Praxis bedeutet. Hierbei sollen sowohl erste Ergebnisse aus einer bundesweiten Befragung zur interkulturellen Kompetenz von Fachkräften in der Kinder- und Jugendpsychiatrie mit eingehen als auch konkrete Erfahrungen aus einem EU-geförderten AMIF-Projekt zur Verbesserung der Versorgung von Kindern, Jugendlichen und deren Familien mit Fluchterfahrung in Erstunterkünften.