Prävention von Lesestörungen durch die frühe Identifikation und Förderung von Risikokindern für Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb
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Deutsch:
Eine angemessene Lesekompetenz ist Voraussetzung für den Wissenserwerb und Grundlage für eine erfolgreiche Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Etwa 3 - 8 % der Kinder sind von einer Lesestörung betroffen, die ohne wirksame Förderung dauerhaft bestehen bleibt. Lesestörungen sind durch Leistungsdefizite in der Lesegenauigkeit, Lesegeschwindigkeit und im Leseverständnis sowie in allen Bereichen, die Lesefähigkeiten erfordern, gekennzeichnet. Dies beeinflusst die Leistungsfähigkeit der Betroffenen in allen Unterrichtsfächern und kann somit den gesamten Schulverlauf, Schulabschluss, die berufliche Zukunft sowie die psychische Gesundheit der Kinder beeinträchtigen.
Studien deuten darauf hin, dass eine sehr frühe und zuverlässige Risikoidentifikation von Kindern mit drohender Lesestörung schon im Jahr des Erstleseunterrichts anhand früher Leseleistungen erfolgen kann. Erhalten Kinder mit dem Auftreten erster Leseprobleme zeitnah eine passende Förderung, können die Leistungen der Kinder deutlich verbessert und potentielle Folgeerscheinungen der Lesestörung im besten Fall verhindert werden. Ziel der LeselinG-Studie war es zu untersuchen, wie sich eine frühe Leseförderung in der ersten Klasse auf die Leseleistung von Kindern mit ersten Schwierigkeiten im Leseerwerb auswirkt. Zudem wurde längsschnittlich überprüft, ob Kinder, die in der zweiten bzw. vierten Klasse eine Lesestörung entwickeln, bereits zum Halbjahr der ersten Klasse anhand erster Lesefähigkeiten zuverlässig identifiziert werden konnten.
English:
Good reading skills are the basis for knowledge acquisition and for successful participation in social life. 3 - 8% of children are affected by a reading disorder, which persists without effective intervention. Reading disorders are characterized by deficits in reading accuracy, reading speed and reading comprehension, as well as difficulties in all areas that require reading skills. They affect the performance of children in all school subjects and can subsequently affect academic success and career possibilities, and increase the risk for mental health problems.
Studies indicate that a reliable identification of the risk for reading disorders is already possible on the basis of first-grade reading skills. If children receive appropriate support as soon as they show initial reading problems, reading skills can be significantly improved. The aim of the LeselinG-study was to investigate the effects of an early reading intervention for first-graders with initial reading difficulties. In addition, the reliability of the early risk identification was assessed longitudinally by analyzing whether children who developed a reading disorder in later elementary school years had already been identified on the basis of their initial reading skills.
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Deutsch:
In den ersten Klassen mehrerer Münchner Grundschulen wurden die Leseleistungen aller Kinder getestet. Kinder, die Leseleistungen unterhalb des 30. Perzentils zeigten, wurden anschließend eingeladen, an einem von zwei Förderprogrammen teilzunehmen (die Zuordnung erfolgte zufällig). Eines der Trainingsprogramme war ein sehr spezifisches Training, das ausschließlich die Buchstabe-Laut-Zuordnung sowie erste Leseleistungen förderte. Das andere Programm war eher bewegungsorientiert und vermittelte allgemeine gesundheitsförderliche Kompetenzen. Am Ende der ersten Klasse, nach Abschluss der sechswöchigen Förderung, wurde überprüft, ob das spezifische Training die Leseleistungen stärker steigern konnte als das bewegungsorientierte Training.
Zur längsschnittlichen Erhebung der Leseentwicklung der Kinder wurden zum Halbjahr der zweiten Klasse und der vierten Klasse erneut Lesetests mit den Kindern in ihren Schulklassen durchgeführt. Zusätzlich wurden zum Halbjahr der vierten Klasse die Meinungen der Kinder gegenüber dem Fach Deutsch, dem Lernen und der Schule erfasst.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Leseleistungen der Kinder, die am Lesetraining teilgenommen hatten, sich stärker verbesserten als die der Kinder, die am Bewegungstraining teilgenommen hatten. Die Effekte zeigten sich hauptsächlich in den trainierten Lesefähigkeiten. Ein Transfereffekt auf die Lesegeschwindigkeit war nicht feststellbar. In der zweiten Klasse waren die Fördereffekte nicht mehr nachweisbar. Eine sechswöchige Förderung scheint also positive Effekte auf die trainierte Bereiche zu zeigen, aber nicht ausreichend zu sein, um Transfereffekte und langfristige Effekte zu erzielen.
Die Ergebnisse bestätigen außerdem, dass eine frühe Risikoidentifikation von ersten Leseschwierigkeiten möglich und zuverlässig ist. Schon in der ersten Klasse können erste Leseleistungen herangezogen werden, um Kinder mit einem erhöhten Risiko für eine Lesestörung zu identifizieren und ihnen so früh wie möglich eine Förderung zu ermöglichen.
English:
Reading skills of first graders in several primary schools in Munich were assessed. Children who showed reading skills below the 30th percentile were then invited to take part in one of two intervention programs to which they were randomly assigned. One of the intervention programs was a very specific training that taught letter-sound assignment and initial reading skills (phonics training). The other program contained physical/motor exercises. At the end of first grade, after six weeks of intervention, we analyzed whether the phonics training increased reading skills more than the motor training.
To track children's reading development longitudinally, reading was again assessed in second and fourth grade. In addition, in fourth grade, children were asked about their attitudes towards German as a school subject, as well as towards learning and school in general.
Results showed that the reading skills of children who participated in the phonics training improved significantly more than those of children who participated in the motor training. The effects were strongest in the specifically trained reading skills. There was no transfer effect on reading speed. In second grade, the intervention effects were no longer visible. A six-week intervention therefore seems to have positive effects on the trained reading skills, but is not sufficient to achieve transfer effects and long-term effects.
The results also confirm that early risk identification of initial reading difficulties is possible and reliable. Initial reading skills can be assessed as early as in the first grade to identify children with an increased risk of reading disorder, and this way enable early intervention.
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Mitarbeiter/-innen
Dr. Katharina GaluschkaDr. Susanne Volkmer(Dipl. Psych.)4400 56935RfcguuiJ/Öüäovipvimsful+vfiuyziu-mi -
Gefördert durch das Förderprogramm für Forschung und Lehre (FöFoLe) der LMU München.